Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum unter http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2009/msg00274.htmAuf dem Schreibtisch, an dem Sie sitzen, finden Sie sich spielerisch zurecht, ergreifen Gegenstände, legen sie woanders ab, setzen Teile zusammen oder stapeln sie. Robotern fällt es dagegen immer noch sehr schwer, in einer solchen Szene autonom gezieltes Bewegungsverhalten zu erzeugen. Dazu brauchen sie nämlich kognitive Prozesse wie die automatische Erzeugung von Szenenrepräsentationen und von Bewegungssequenzen, deren mathematische Modellierung und technische Umsetzung trotz langjähriger Forschung noch nicht gelungen ist. Am Institut für Neuroinformatik startet jetzt ein neues Forschungsprojekt, in dem die Erzeugung von zielgerichtetem autonomen Bewegungsverhalten auf der Basis neuronaler Prinzipien des Lernens erreicht werden soll. Lernen findet im Nervensystem auf den verschiedensten Zeitskalen und Ebenen statt. Im Projekt werden drei Ebenen genutzt. Szenen- und Objektgedächtnis sowie Verhaltenssequenzen werden aus einmaliger Beobachtung gelernt, also auf der Zeitskala weniger Sekunden. Verhaltensmodelle für die Erzeugung zielgerichteter Bewegungen werden aus einer Reihe von Erfahrungen gebildet, auf der Zeitskala von Minuten und Stunden. Wie die neuronalen Repräsentationen von Bewegungen sich selbst organisieren spiegelt dagegen lang andauernde Entwicklungsprozesse wieder. Im Projekt bilden menschliche Verhaltensexperimente, durchgeführt im neuen Bewegungslabor des Instituts für Neuroinformatik, die empirische Grundlage für die Modellierung der Lernprozesse auf allen drei Zeitskalen. Die entwickelten Modelle und Lernprinzipien werden genutzt, um Serviceroboter dazu zu befähigen, dass sie zielorientierte, dem Menschen ähnliche Bewegungen erzeugen können. Dies dient sowohl der Überprüfung der theorischen Konzepte, also auch zur Verbesserung der Mensch-Maschine Interaktion in echten Servicerobotik Anwendungen. In einer weiteren Anwendung fahren Versuchsteilnehmer in einem Fahrlabor in simulierten Verkehrsszenarien. Diese Daten werden durch Lernverfahren in Fahrermodelle umgesetzt, mit deren Hilfe der Entwurf, die Simulation und die Evaluierung moderner Fahrerassistenzsysteme im Auto ermöglicht werden. Das Forschungsprojekt wird im Rahmen der Förderinitiative “Bernstein Fokus: Neuronale Grundlagen des Lernens” vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einem Volumen von ca. 1,9 Millionen Euro über fünf Jahre finanziert. Die Koordination liegt beim Institut für Neuroinformatik der Ruhr-Universität Bochum (Prof. Dr. G. Schöner). Vier Gruppen des Instituts tragen bei: Adaptive Systeme (Jun. Prof. C. Igel), Autonome Robotik (Dr. I. Iossifidis), Theorie kognitiver Systeme (Prof. G. Schöner) und Theorie neuronaler Systeme (Prof. L. Wiskott). Als Industriepartner treten die NISYS GmbH (Bochum) und die Schunck GmbH & Co. KG (Lauffen / Neckar) hinzu.